Herbergssuche anno 2013

Schon wieder sorgt ein unanständiger Immobilienheini, der sich nicht scheut, sein Haus mit unerwünschten Asylwerbern, anstatt mit willkommenen zahlenden Gästen zu belegen, für Aufregung.

Diesmal hat es die Gemeinde Unken erwischt. Knapp 2000 Einwohner, die bald Zuwachs bekommen werden. Ob es 45 Asylwerber werden, wie vom Land gewünscht, oder doch weniger, wie von der Gemeinde gefordert, wird noch verhandelt.

Die besorgten Nachbarn haben sich mit Unterstützung der FPÖ in den Medien bereits Gehör verschafft. Aber wer fragt eigentlich die Flüchtlinge, ob sie überhaupt nach Unken wollen?

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Natürlich, wer von Syrien oder Afghanistan oder einem anderen Unruheherd kommt, müsste dankbar sein für ein idyllisches Platzerl im Pinzgau – möchte man meinen.

Denkanstoß: Stellt euch vor ihr sprecht nur arabisch, habt gerade eure Heimat verlassen müssen, aus welchen Gründen auch immer, habt vermutlich eine kostspielige wochenlange Odyssee hinter euch. Skrupellose Schlepper haben euch ausgebeutet und ausgenutzt. Das habt ihr alles ausgehalten, in der Hoffnung auf eine Besserung der Situation. Dann seid ihr endlich in Europa, in Österreich gelandet. Vermutlich habt ihr keine Ahnung davon wo ihr seid. Hier hat euch der Schlepper jedenfalls abgeliefert. Ihr seid verwirrt, verängstigt, erschöpft.

Sobald ihr hier um Asyl ansucht, beginnt die bürokratische Mühle zu mahlen. Fingerabdrücke werden genommen, Dokumente überprüft, erste Einvernahmen durchgeführt. Mit ein bisschen Glück bekommt ihr vielleicht einen Referenten zugeteilt, der nicht von vornherein überzeugt davon ist, dass ihr nur Gesindel seid, das von seinem Steuergeld leben will. Oder einen Zyniker, der davon ausgeht, dass ihr wahrscheinlich selber schuld seid, wenn man euch in Syrien verfolgt. Warum habt ihr auch den Aufständischen helfen müssen, und euch damit in Gefahr gebracht!

Mit noch mehr Glück wird euch ein Dolmetsch beigestellt, den ihr auch versteht. Das ist nicht so selbstverständlich, wie man meinen möchte. Auf verschiedene Dialekte wird sicher nicht Rücksicht genommen, und wenn ihr dem Dolmetscher sagt das ihr ihn nicht versteht, müsst ihr damit rechnen, dass er das gar nicht übersetzt. Er bekommt schließlich pro Interview bezahlt, da wird er sich  hüten, dass dieses vielleicht verschoben werden muss, nur weil ihr euch einbildet ihr versteht ihn nicht!

Habt ihr all das überstanden, stellt sich die Frage der Unterbringung. Ihr könnt nicht wissen, oder ahnt es vielleicht, dass das ein großer Zankapfel ist, in dem Land wo ihr gestrandet seid. Niemand ist nämlich begeistert davon, euch aufzunehmen. Darum hat sich die Politik einen Schlüssel einfallen lassen, damit ihr gerecht aufgeteilt werdet. 1100 von euch muss Salzburg aufnehmen, für 100 wird gerade fieberhaft ein Platz gesucht. Da kommt das Angebot aus Unken gerade recht.

Das Haus scheint in gutem Zustand zu sein, auch das keine Selbstverständlichkeit. Eine eurer neuen Nachbarinnen meint sogar ihr würde es nicht so gut gehen wie euch. So schöne Zimmer wie ihr da habt! Leider versteht eure neue Nachbarin nichts von euren Ängsten, Sorgen und Nöten. Weil ihr euch gar nicht verständigen könnt, und weil sie keine Ahnung davon hat, was es heißt  Heimat, Dorf, Freunde und Verwandten zu verlassen. Stellt euch vor, ihr seid der einzige Araber weit und breit. In dem neuen Quartier wohnen außer euch noch Tschetschenen, Afghanen, Nigerianer, aber niemand, der eure Sprache spricht. Niemand, mit dem ihr euch austauschen, eure Sorgen teilen könnt.

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Ihr sitzt hier an einem schönen Platz, dessen Schönheit für euch wertlos ist. Ihr seid keine willkommenen Gäste. Ihr könnt nicht schifahren, ihr könnt überhaupt nicht nützen, was die Gegend bietet. Die Abgeschiedenheit ist für euch ein großer Nachteil. Rechtliche Beratung, einen Arzt, der eure Sprache spricht, gibt es, wenn überhaupt, nur in Salzburg. Selbst wenn ihr herausgefunden habt, wie ihr dort hinkommt, müsst ihr euch Fahrten in die Stadt gut einteilen. Schließlich müsst ihr mit 40 Euro Taschengeld im Monat auskommen.

Nein, es ist gar nicht lustig, in Unken zu wohnen. Selbst wenn du verstehen kannst, dass die Nachbarin Angst vor dir hat. Sie weiß es nicht besser, aber es tut dir trotzdem weh. Du willst eh lieber in der Stadt leben, wo es zumindest ein paar andere Syrer, SozialarbeiterInnen, die sich um dich kümmern und es ein bisschen Leben rundherum gibt. Hier in Unken, da sitzt du nur in deinem schönen Zimmer, und wartest bis die Zeit vergeht. Arbeiten darfst du ja nicht.

Hätte dich jemand gefragt, du hättest sicher nicht nach Unken kommen wollen. Das hast du immerhin mit deinen neuen Nachbarn gemeinsam. Die hat auch niemand gefragt. Und die fühlen sich genauso hilflos wie du!

Vielleicht findet ihr ja noch andere Gemeinsamkeiten. Vielleicht wenn du ein paar Brocken Deutsch gelernt hast und die Nachbarin freundlich grüßt. Ihr beim Schnee schaufeln hilfst. Das wird dann hoffentlich die Nachbarin sein, die irgendwann erbittert gegen deine Abschiebung kämpfen wird, weil du doch so nett und so gut integriert bist!

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