Ewiges Eis

Wo einst saftige Wiesen waren,  prächtige Rinder grasten und schöne Almhütten standen, liegt heute eine mit ewigem Eis bedeckte Fläche: Die übergossene Alm. 

Bei der Eröffnung des Almsommers in Dienten erinnerte ich mich an diese Sage aus der Hochkönigregion. Was war eigentlich passiert? Daheim blätterte ich gleich im Sagenbuch aus der Volksschule, um nachzulesen, was genau den frevlerische Sennerinnen vorgeworfen wurde. Nun, weil es den Kühen auf den fetten Wiesen so gut ging, gaben sie so viel Milch, dass die Dirndl bald in großem Überfluss lebten. Es heißt: Sie hingen den Kühen silberne Glocken um, vergoldeten die Hörner der Stiere und bewirteten die Jäger, mit denen sie scherzten und tanzten,  mit Fässern voll Wein. 

Das Beten hatten sie längst vergessen und waren voller Übermut. Sie pflasterten den Weg zu ihren Hütten mit Käselaiben und füllten die Lücken mit Butter aus, damit sie sich die Füße nicht schmutzig machten.  Um nur ja recht schön zu sein, badeten sie sich in Milch und  formten aus Butter Kugeln, mit welchen sie sich scherzend bewarfen.

Als es wieder einmal besonders lustig und sündig herging, kam ein alter Mann auf die Alm. Er hatte kaum noch die Kraft, sich bis zur nächsten Hütte zu schleppen. Dort bat er um ein Lager für die Nacht und wurde scharf abgewiesen. Scher dich zum Teufel. Vielleicht hat er ein Bett für dich. Wir wollen nicht gestört werden. 

Damit war das Maß der Übeltaten voll, die Frevlerinnen sollte die gerechte Strafe ereilen. Kaum hatte sich der Wanderer entfernt, da braute sich von den Teufelshörnern her ein unheimliches Unwetter zusammen. Ein furchtbarer Sturm erhob sich, dass den Sünderinnen angst und bange wurde. Ihre Lippen versuchten zu beten, aber umsonst. Gottes Strafgericht brach herein. Das bedeutete, große Schneemassen stürzten vom Himmel und begruben die Sennerinnen samt ihren Hütten für ewige Zeiten.

Von der Übergossenen Alm gibt es zahlreiche Versionen. Sie alle enthalten die Kernaussage von der Verschwendungssucht und Hartherzigkeit der Sennerinnen, die ihre gerechte Strafe bekommen haben. Die Erinnerung an dieses schreckliche Gottesgericht hat sich bis heute im Volk erhalten. Es glaubt, aus den Stürmen, die über das Eisfeld jagen, noch immer das Seufzen und Jammern der unter dem ewigen Eis begrabenen Mädchen zu hören. 

Seltsam, Sennerinnen, die einen Weg mit Käse pflastern? Selbst im größten Überfluss kann man sich kaum vorstellen, dass Sennerinnen so etwas tun würden, gehen sie doch üblicherweise sehr sorgsam mit Lebensmitteln und den Gaben der Natur umgehen. Man wundert sich also über den wahren Hintergrund der Sage. Wollte sie wirklich vor der Verschwendung warnen, oder ging es da nicht doch mehr um den lockeren Umgang mit den Jägern …

Interessanterweise scheint nichts über deren Schicksal bekannt, obwohl es in der Sage ausdrücklich heißt, dass gemeinsam gefeiert wurde. Die Jäger, die zu Besuch gekommen waren, tanzten mit den Dirnen, dass der Boden ächzte und dröhnte und ihr lautes Juchzen und Lachen weithin zu hören war. Und wenn diese also nicht unter dem Eis begraben wurden, dann tanzen und jagen sie wohl immer noch …

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