Hirn- und gefühllos

Eine deutsche Wanderin mit Hund wird von einer Kuhherde getötet. Für viele Mitmenschen Grund zu (Schaden) Freude und Häme:

“Juhuuu scheiss fotzen deutsche”. Eine Denise Hentschel schreibt:  “…dazu kommt, dass es in der Mehrzahl Deutsche sind die keine Ahnung haben, sich aber auch nichts sagen lassen oder einfach nur blöd sind denn ganz ehrlich wer weiß nicht, dass man nicht mit einem Hund über eine eingezäunte Weide mit Mutter und Jungtieren trampelt? Das wissen sogar schon kleine Kinder…… Deutsche wissen sich nicht zu benehmen und denken  sehr oft nicht mit, wie man immer wieder sieht… Und ja: Es sind eben ganz oft DEUTSCHE…

Wer soll sich dann freuen, wenn die Bergretter immer und immer wieder ihr Leben riskieren müssen um die Idioten zu bergen zb. Es sind nicht die bösen Tiere sondern es sind die Menschen die die Probleme machen. Die Menschen die von klein auf damit leben und das Wissen haben sind nicht das Problem, auch nicht Touristen, die die Einheimischen ernst nehmen, das Problem sind die Touris die eben alles besser wissen und das sind eben sehr oft Deutsche.”

Innerhalb kurzer Zeit, nachdem von den Salzburger Nachrichten eine knappe Meldung über den Unfall online gestellt wurde, haben die Wutschreiberlinge ihren geistigen Schrott wieder einmal in die Tasten geklopft. Grundtenor: selber schuld weil depperte deutsche Hundehalterin.

“Da ist ein Mensch gestorben! Schämt euch.”, “Wieso schämen? Selber schuld, kein Mitleid! Jeden Tag sterben 1000e Unschuldige, das finde ich viel schlimmer, als wenn eine ihrer eigenen Blödheit zum Opfer fällt”, “A HUND und a PREISS, das wird jeder Kuh zu viel ob Mutter oder ned!”, “Mutterkühe verteidigen nur ihre Kälber. das ist Mutterinstinkt.”,  ”Mit einem Hund auf eine Alm zu gehen ist reiner Selbstmord!”,

“Deswegen latscht man ned dort um wo Kühe weiden, aber daran müssen sich ja die gscheiten Piefke ned halten…!!! So deppert san echt nur die Marmeladinger durch eingezäunte Weiden zu trampeln und dann noch mit Hund…. Und es san immer wieder die deutschen Vollpfosten”,

Völlig egal, dass das Tier lt. Mitteilung angeleint war und sich nicht aggressiv verhalten hat.  Was geht die auch mit dem Hund in eine eingezäunte “Weide”. Von eingezäunt war im Text zwar nicht die Rede, sondern nur von einer Wanderin auf einer Alm in Tirol. Und bekanntlich führen die meisten Wanderwege mitten durch das Almgebiet und sind nicht getrennt von den Tieren. Trotzdem, tut man doch nicht, weiß doch jeder. Zumindest wir einheimischen Klugscheißer. Schon gar nicht, wenn da Mutterkühe sind, die ihre Kälbchen beschützen wollen. Auch das eine freie Interpretation der offensichtlichen Nicht-LeserInnen.  Es hieß 20 Kühe und Kälber, und da die süßen ganz kleinen Kälbchen in der Regel noch nicht auf die Alm kommen, ist davon auszugehen, dass es sich um ältere Tiere handelte. Es darf bezweifelt werden, dass die Kühe denen gegenüber einen Beschützerinstinkt empfunden haben.

Ich bin mit Kühen aufgewachsen, hab’ sowas noch nie erlebt und kann mir auch nicht vorstellen, was diese Tiere dazu bringt, so heftig zu reagieren. Aber eins ist sicher – egal was auf dieser Alm passiert ist, diese Kommentare sind einfach widerlich. Im Gegensatz zu den Töchterhassern und Genderverachtern, die ja meist zu 99,9 % einer Meinung sind, und sich gegenseitig bejohlen, gab es zumindest auf dieser Plattform auch kritische Stimmen, die versuchten, an das Gewissen der Poster zu appellieren. Vergeblich.

“Wahnsinn eigentlich, dass solche dümmlichen Wortspenden hier erlaubt sind!”, “Mir wird schlecht ob dieser pietätloser Kommentare!”,  ”@Salzburger Nachrichten bitte mal durchschauen und einige niveaulose Beschimpfungen löschen!”. “Ich bin Deutsche und wusste bis jetzt gar nicht, dass wir hier so verhasst sind!”

 

8 Kommentare zu Hirn- und gefühllos

  1. rosi hörhager

    wenn so ein grausames unglück geschieht, ist jedes wort zu viel
    einfach entsetzlich , wie kalt und gefühllos die meschen sein können

  2. Da werden Erinnerung wach…

    so ähnlich wärs mir nämlich einmal fast ergangen.

    Almgebiet (von eingezäunt, wie fast überall, nicht die Rede), markierter Wanderweg, zwei Erwachsene, ein Hund (eine Seele von Hund, erprobt im Umgang bzw. Ignorieren von Kühen) und, anfangs in einiger Entfernung zum Weg, eine Kuhherde. Eine, die plötzlich in Bewegung gekommen ist, als sie den Hund erblickt hat. Die ganze Herde! Wie verrückt geworden auf den Hund zu…
    Nein, der Hund hat nicht provoziert. Nein, da hat niemand fahrlässig gehandelt.
    Wir, Menschen und Hund, hatten einfach nur eine Sch***angst und sind wirklich um unser Leben gerannt. Es ist sich ausgegangen. Knapp.

    Ich wünsche wirklich niemandem, so etwas zu erleben. Auch, wenn’s manchem Shitstormer vielleicht eine Lehre wäre…

    • Schiach, wenn selbst die Einheimischen nicht wissen, wie man mit Kühen umgeht, und nicht nur die Preissn ;-)

      Bring mich nicht in Versuchung Doris, ich bin ja natürlich auch eine klare Verfechterin von Gewaltlosigkeit. Aber die Vorstellung, wie diese knallharten Shitstormer vor den Kühen davonrennen … muss gestehen, das amüsiert mich. Wobei sie natürlich auch ungeschoren davonkommen sollen. Die Scheisse in der Hose ist ihnen vielleicht dann doch eine Lehre!

  3. Es ist sehr traurig, dass das passiert ist. Ich habe vor Kühen Respekt. Egal ob ich gehe oder mit dem Mountainbike unterwegs bin.
    Aber manchmal muß ich nur den Kopf schütteln, wenn ich sehe, wie manche Urlauber (es gibt auch österreichische Urlauber bei uns) mit den Tieren umgehen.
    Ein Erlebnis ist mir noch immer im Gedächtnis: Eine Urlauberfamilie mit nicht angeleintem Hund, drei Kindern und Eltern. Der Hund tollt wie wild auf der Wiese herum, Einige Kühe weiden auf der Wiese. Der Vater nimmt das kleine Kind auf den Arm, geht zu den schon nervösen Kühe hin und sagt zum Kind “Schau wie lieb die ist, kannst du sogar streicheln”. Gott sei dank sind die Kühe auf und davon. Es hätte auch anders kommen können. Ich wollte dann mit den Eltern reden, erntete aber nur Kopfschütteln und Unverständnis.
    LG Werner

    • Wie gesagt, ich kenne Kühe nur als recht friedliche Wesen, aber sie melken zu müssen war mir auch nie ganz geheuer. Sind ja doch recht stämmig und wenn dir da eine auf die Zehen steigt ist das nicht lustig. Und früher, als die alle noch Hörner hatten, war das sowieso ratsam, ihnen nicht zu nahe zu kommen um nicht ein blaues Auge zu riskieren.
      Wenn die wirklich geschlossen jemand angreifen, das ist sicher heftig. Schrecklich.
      Kann mir gut vorstellen, dass vielen Urlaubern, die die Tiere nicht kennen, tatsächlich das Gespür fehlt.
      Könnte aber jedem von uns wahrscheinlich genauso passieren. Siehe Erlebnisbericht von Doris.

  4. Danke für den Artikel!
    Ich mag Kühe, bilde mir sogar ein ein frühkindliches Naheverhältnis zu Kühen, insbesondere zur edlen Rasse der PinzgauerInnen zu haben. Ich mag auch Menschen, unabhängig davon ob sie dort wo sie sich gerade befinden “einheimisch” sind, oder nicht. Das Wichtigste ist wohl in diesem Zusammenhang nicht die Frage der Sympathie für Kuh oder Mensch, sondern ich möchte ganz zu Anfang der betroffenen Familie mein aufrichtiges Mitleid ausdrücken. Das ist ein furchtbares Unglück. Ich glaube nicht, dass es bei diesem Unglück wirklich Schuldige oder Deppen gibt. Trotz meines oben beschriebenen Naheverhältnisses zu den Pinzgauer Kühen, bin ich auch schon einmal mit meinem Hund und hoch zu Haflinger von einer Kuhherde in Angst und Schrecken versetzt worden. Eindrucksvoll ist mir das typische Herdenverhalten in Erinnerung – aus vorsichtiger Neugier wird Angst und wenn das Verhalten des Gegenüber oder die bisher gemachte Erfahrung diese Angst vergrößert, machte eine/einer sich auf und gemeinsam nehmen sie allen Mut zusammen und kämpfen gegen die “Gefahr” an. Wenn alle rennen, setzt das Denken aus, bei Mensch und Tier, das zeigen auch viele Massenpaniken bei uns Menschen…..Wir fürchten uns ein wenig vor dem Fremden, sind unsicher und erzeugen Unsicherheit, ……

    • Vielen Dank Monika, für deinen weisen Kommentar!

      Deinen klugen berührenden Worten ist nichts mehr hinzuzufügen – außer dass ich ebenfalls tiefes Mitgefühl für die Angehörigen habe.
      Die Nationalität ist in Zusammenhang mit diesem tragischen Unglück ja völlig unerheblich, aber da unter anderen Details gerade dieser Umstand die Gemüter leider so erhitzt hat, gefällt mir besonders deine Bemerkung “Ich mag Menschen, unabhängig davon, ob sie dort wo sie sich gerade befinden “einheimisch” sind oder nicht”.
      Es gibt bei uns schließlich auch sehr viele deutsche StaatsbürgerInnen, die hier (ein) heimisch sind. Die hier arbeiten, studieren, verheiratet sind. In meinem engeren Umkreis leben zwei Bäuerinnen, die Deutsche und hier einheimisch sind!
      Womöglich war die Frau sogar eine Sennerin, bestens vertraut mit der Alm und den Tieren…
      Aber an sich ist das ebenso unerheblich, wie die “Schuldfrage”, selbst wenn der Hund aggressiv gewesen wäre.

      Wie du so treffend sagst, beim Herdenverhalten setzt das Denken aus, bei Mensch und Tier gleichermaßen. Das ist sicher auch ein Merkmal dieser Shitstorm “Kultur”. Wo bereits eine größere Anzahl von Menschen ihren Shit abgeladen haben, da setzt sich leichter noch ein Häufchen dazu!

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