Dokumentation des Grauens

Brucker KircheBruck stellt sich der NS Vergangenheit. Durch seine geografische Lage nahm der Ort während dieser Zeit eine besondere Rolle ein.

Der Bau der Glocknerstraße brachte Tausende Arbeitslose in die Region, beim Kraftwerksbau in Kaprun waren Zwangsarbeiter im Einsatz, im Schloss Fischhorn wurde ein Außenlager des KZ Dachau errichtet und die Lage an der Westbahn führte zu einer Sonderstellung. Nicht zuletzt gab es in St. Anton seit 1922 eine damals so genannte „Anstalt für schwachsinnige Kinder“.

Nach dem Krieg herrschte einhelliges Schweigen. Die eine Generation hat nicht geredet, die andere nicht gefragt. Eine Aufarbeitung der Ereignisse fand nicht statt. Was von 1938 bis 1945 genau vorgefallen ist, war bisher unbekannt.

Die Auftraggeber: Vize Bgm. Karin Hochwimmer, Caritas Direktor Johannes Dines und GV Josef Neudorfer (li)

Als eine der ersten Gemeinden im Pinzgau gab Bruck  eine wissenschaftliche Arbeit in Auftrag, die die Ereignisse während der Zeit des Nationalsozialismus erforschen sollte. Auch die Caritas war bestrebt, das Schicksal der Bewohnerinnen und Bewohner der Anstalt zu klären und ließ die Geschichte des Hauses aufarbeiten.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz wurden nun die Ergebnisse präsentiert. In „Opfer der Zeit“ schildert Sozialarbeiterin Christina Nöbauer ausführlich was mit den wehrlosen Kindern und Jugendlichen passiert ist.  Ihre Recherchen ergaben, dass nachweislich mindestens 45 ehemalige Insassen der Anstalt ermordet worden waren. 1940 wurde von den Heil- und Pflegeanstalten die Erstellung von Meldebögen verlangt. Diese erleichterten den Behörden die Selektion der behinderten Menschen. Bereits im Juni 1940 erfolgte der erste Transport zum Ziel der Vernichtung „unwerten Lebens“. Acht BewohnerInnen wurden unangekündigt direkt aus St. Anton abgeholt und in die Landesheilanstalt Niedernhart in Linz überstellt. Diese diente als eine Art Zwischenstation für die Tötungsanstalt Hartheim. 

Dorf St. Anton 1941 wurde von der Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ in Wien die Überstellung von sieben namentlich aufgelisteten BewohnerInnen verlangt. Die Caritas war zu diesem Zeitpunkt bereits über die Euthanasiemorde informiert und hat versucht den Kindern zu helfen. Die Verantwortlichen ignorierten die Aufforderung  und haben damit ihren Schützlingen das Leben gerettet. Es erfolgte keine weitere Kontaktaufnahme aus Wien.

45 wehrlose behinderte Menschen wurden jedoch Opfer der Nazis. Für sie ist die Errichtung eines Denkmals im Dorf St. Anton geplant.

Historiker Rudi Leo hat für die Gemeinde die Arbeit „Bruck unterm Hakenkreuz“ verfasst. Durch seine Recherchen in Archiven und Gesprächen mit Zeitzeugen zeichnet er nicht nur ein eindrucksvolles Bild der Gemeinde während der NS Ära, sondern legt auch besonderes Augenmerk auf die Jahre vor 1938. Er beschreibt die aussichtslose wirtschaftliche und politische Situation der 1930er Jahre, die der Grund dafür waren, warum auch in Bruck Adolf Hitler als Hoffnungsträger galt.

Der Bramberger sammelte Fakten über nachweislich 77 Bruckerinnen und Brucker, die Opfer des NS-Regimes geworden waren. Mindestens 52 von ihnen wurden ermordet, darunter die 45 behinderten Personen die im Zuge der Euthanasie-Maßnahmen getötet wurden.  Zu den sieben Ermordeten, die nicht aus St. Anton stammten, zählte beispielsweise der Bahnhofsvorstand aus Bruck.  Eine juristische Aufarbeitung der Nazi Gräuel fand kaum statt. Täter und Mitläufer blieben weitgehend unbehelligt. Der damals zuständige Amtsarzt blieb weiter in seiner Funktion tätig. Aus dem Jugend- und Gesundheitsamt sind sämtliche Akten aus der NS Zeit verschwunden …Rudi Leo und Christina Nöbauer

Die Arbeit von Rudi Leo wird im Februar 2015 mit Unterstützung der Gemeinde als Buch erscheinen.

Das Werk wird hoffentlich nicht nur viele interessierte LeserInnen finden, sondern auch andere Gemeinden dazu anregen, dem Beispiel von Bruck zu folgen. 

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