Musik als Lebenselixir
Was soll man davon halten, wenn ein Musiker während eines Konzerts in einem Interview erklärt, er müsse beim Spielen ein bisschen schwindeln?
Posaunist Sepp Margreiter sitzt im Rollstuhl auf der Bühne. Seit einem Arbeitsunfall im Jahr 1999 ist der sportliche Tiroler querschnittgelähmt.
Eine schlimme Diagnose für den Leiter einer Schischule in Alpbach.
Gehen und schifahren würde nicht mehr möglich sein. Zudem belastete ihn die Angst, nie mehr spielen zu können. Anfangs kann er kaum den Arm nach oben bewegen, durch einen Lungenriss ist das musizieren eine zusätzliche Herausforderung.
Aber durch hartes Training lernt er wieder schifahren – mit dem Monoski – und er spielt wieder die Posaune. Anscheinend mit ein bisschen schwindeln bei der Atemtechnik, was aber außer ihm wohl nur den Profis auffällt.
Von denen sind an diesem Abend ziemlich Viele anwesend. Die Militärmusik Salzburg gibt ein Charitykonzert für RollOn Austria. Vier behinderte Musiker und eine Musikerin spielen auch mit. RollOn Obfrau Marianne Hengl hat dieses einzigartige Konzert eingefädelt, denn ihr kann nicht einmal ein Oberst eine Bitte abschlagen, wie Kapellmeister Ernst Herzog schmunzelnd berichtet. „Wenn Marianne Hengl einlädt stehen alle ‚Habt Acht'“.
„Es ist nicht einfach, immer die Hände aufzuhalten. Im Vordergrund soll heute nicht das Bitten und Betteln stehen“, formuliert Powerfrau Hengl das Ziel der Veranstaltung. Neben dem Genuss der Musik will sie auch „die Barrieren in den Herzen abbauen.“
Schwer vorstellbar, dass die Besucher dieses einzigartigen Konzerts überhaupt Barrieren im Herzen haben. Wenn es Barrieren gibt, dann vermutlich eher im Kopf. Kaum einer der Anwesenden hat sich wahrscheinlich bisher Gedanken darüber gemacht, was es heißt, als Behinderter Mitglied in einer Blasmusikkapelle zu sein. Wie jemand im Rollstuhl die vielen Ausrückungen meistert?
Sepp Seitinger ist seit zwölf Jahren bei der Bürgermusik Lofer und wurde zu einem Konzert in den Loferer Steinbergen auch schon mit dem Hubschrauber transportiert.
An vielen Veranstaltungen können behinderte Musiker aber auch aufgrund nach wie vor bestehender baulicher Barrieren nicht teilnehmen.
Daniela Köck, seit einem Schiunfall vor zehn Jahren auf den Rollstuhl angewiesen, fordert diese Hindernisse zu beseitigen. „Jeder sich dafür einsetzen und Initiativen starten, um das eigene Dorf barrierefrei zu machen.“
Ein berührender Abend, bei dem vor allem der Gipfelsiegmarsch, die RollOn Polka und das Hengl-Weisei ins Ohr und zu Herzen gingen.
(Von dem Konzert gibt es eine CD, die Landeskapellmeister Christian Hörbiger finanziert hat. Mit dem Erwerb könnt ihr die Militärmusik genießen, so oft ihr wollt – vor allem wenn es sie bald nicht mehr gibt. Und ihr erspart Marianne Hengl das Betteln!)
Freude über den gelungenen Abend bei Martin Larcher, Daniela Köck, Richard Flür, Marianne Hengl, Sepp Seitinger, Ernst Herzog und Sepp Margreiter.
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